Laudatio
Die Verbreitung gegenseitiger Hilfe im Tierreich ist umstritten. Im Allgemeinen wird angenommen, dass die kognitiven Fähigkeiten von Tieren nicht ausreichen, um über empfangene Hilfe Buch zu führen und sie zu einem späteren Zeitpunkt den vorangegangenen Hilfsgebern korrekt zurückzahlen zu können. Nina Kettler hat in ihrer Masterarbeit diese Möglichkeit experimentell an Wanderratten untersucht. Hierzu hat sie die Versuchstiere hintereinander mit mehreren Partnern interagieren lassen und registriert, ob sie sich zu einem späteren Zeitpunkt für empfangene Hilfe erkenntlich zeigen, selbst wenn sie in der Zwischenzeit mit anderen Partnern interagiert hatten, die weniger hilfsbereit waren. Die Resultate zeigten, dass Wanderratten tatsächlich auch in einer sozial komplexen Situation empfangene Hilfe korrekt zurückzahlen, was darauf schliessen lässt, dass gegenseitige Hilfe bei sozialen Tieren nicht prinzipiell durch kognitive Leistungsbeschränkungen limitiert ist. In einem weiteren Experiment konnte Frau Kettler zeigen, dass Ratten, die frei miteinander interagieren können, in gewissen Situationen wechselseitige Hilfe einer egoistischen Futterbeschaffung vorziehen. Diese Ergebnisse sind für unser Verständnis der Evolution von Kooperation generell von grosser Bedeutung